Bondage? Bondage!

Was ist das eigentlich dieses Bondage? Diese Frage begegnet mir öfter, denn so ganz einfach, ist das nicht zu beantworten. Genau aus diesem Grund hat Elena MacKenzie mich gebeten einen Artikel zu schreiben, um ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen.

Vorweg, ich bin kein Rigger, so nennt man die Leute, die andere fesseln und ich habe auch keine Ahnung von der Technik.
Allerdings kann ich ein paar Fachbegriffe erklären und meine Erlebnisse schildern. Fangen wir mit dem Begriff an.

Bondage! Bondage heißt im Prinzip nichts anderes als eine Umschreibung für fesseln. Dabei muss es keinesfalls kunstvoll oder besonders schmerzhaft sein, denn dafür gibt es weitere Begriffe.
Shibari zum Beispiel nennt man das kunstvolle Fesseln, meist verbunden mit einem Hängebondage. Hierbei legt der Rigger ganz be- sonderen Wert darauf, dass die Seile akkurat nebeneinanderliegen, die Knoten im gleichen Abstand sind und solche Dinge, damit es eben gut aussieht.

Kinbaku dagegen ist in der Regel schmerzhaft, es heißt übersetzt auch „straffes Binden/straffes Fesseln“, diese Form des Bondage beinhaltet, dass der Gefesselte unangenehme Stellungen bis hin zu wirklich schmerzenden Fesselungen über sich ergehen lässt.

Bei den japanischen Arten Shibari und Kinbaku legen die Rigger auch Wert darauf, dass ihre Seile aus Jute oder Hanf bestehen. Die Seile werden gewaschen, gedehnt, gebrochen und abgeflämmt, damit sie weich und geschmeidig sind. Ausnahmen bestätigen hier natürlich die Regel.

Zu den japanischen Stilen gibt es natürlich auch eine westlich orientierte Bondage-Art, die man Western-Stil nennt. Der Name verrät es schon, hier geht es mehr darum, dass man sein Opfer einfach nur bewegungslos bekommt. Einfach? Nein auch hier ist es nicht einfach, denn es gelten die gleichen Regeln wie bei den japanischen Arten, man muss sich mit der Anatomie so weit auskennen, dass man dem Partner nicht schadet.

An dieser Stelle habe ich eine Bitte an alle Leser, egal was ihr aus- probiert, erkundigt euch, fragt Leute, die sich auskennen, denn auch bei solchen „harmlosen“ Praktiken, kann man enormen Schaden anrichten.

Mein Mann ist der typische Western-Rigger, es muss nicht schön aus- sehen, Hauptsache es hält. So geht es bei uns darum, dass ich eben an der Stelle oder in der Stellung bleiben muss, in der er mich gerne hätte. Natürlich könnte er es mir auch einfach befehlen, aber mit den Fesseln kann ich leichter den Kopf ausschalten.

Das ist der Grund, warum ich mich gerne fesseln lasse. Hilflos ausgeliefert kann ich die Kontrolle abgeben, was mir normalerweise sehr schwerfällt. Sobald ich gefesselt bin, ergebe ich mich.
Außerdem geben mir die Seile Halt, was ich nur sehr schwer beschreiben kann. Es ist das Gefühl gehalten zu werden und gleichzeitig immer etwas zu haben, an dem man sich festhalten kann, ähnlich wie ein Halteseil beim Klettern.

Da ich wissen wollte, wie sich Shibari und natürlich eine Suspensi- on (Hänge-Bondage) anfühlt, habe ich einen sehr guten Freund und Rigger gebeten, mich aufzuhängen. Und ich wäre natürlich nicht ich, wenn es so unspektakulär abgelaufen wäre. Nein, ich musste mir na- türlich eine Play-Party aussuchen. Und nicht nur irgendeine, sondern die Erste, die mein Mann und ich selbst veranstaltet haben, auf unserer Messe. Also doppelte Premiere!

Aber nicht genug, ich trug einen langen Rock und hatte eine Bedingung, der Rock durfte nicht über meine Knie rutschen! Klar, was auch sonst, Ilo, die mit den Sonderwünschen. Mein Freund und Rigger lächelte nur gutmütig und zuckte mit den Schultern. Ihm war klar, was kam, mir nicht!

Ich stellte mich unter den Bondagering, ließ mich fesseln, bis mir klar wurde, dass er mir beide Beine gleichzeitig vom Boden ziehen würde. Normalerweise fesselt er erst ein Bein so, dass es in der Luft hängt und dann erst das nächste, bei mir hat er den Rock an den Fesseln festgebunden.

Wer jetzt, wie ich, ein Problem damit hat, die Kontrolle an andere Menschen abzugeben, der kann sich in etwa vorstellen, wie ich mich gefühlt habe. Zum ersten Mal vor Publikum in einem Hängebondage gefesselt zu werden und dann gleich so vertrauen zu müssen, war nicht einfach. Natürlich weiß ich, dass mein Rigger wirklich gut ist und mich niemals fallen lassen würde, trotzdem hat es mich Überwindung gekostet.

Und dann der Spruch von ihm, ausgerechnet aus dem Film „Schweigen der Lämmer“! „Bereit, wenn du es bist“, flüsterte er mir zu.

Abbrechen kam für mich nicht mehr infrage, also Augen zu und durch. Ich habe es bis heute nicht bereut. Es war ein Gefühl, was man kaum beschreiben kann. Nur von den Seilen gehalten, über dem Boden zu schweben, wow das hat was. Sorgen, Bedenken oder sons- tige negative Gedanken waren wie weggewischt.

Die Überwindung hat sich auf jeden Fall gelohnt und ich kann es jedem ans Herz legen, es einfach mal zu versuchen, aber bitte sucht euch jemanden, der es wirklich kann. Shibari oder Kinbaku lernt man nicht an einem Tag und ganz bestimmt nicht aus irgendwelchen Büchern!

Mittlerweile habe ich etliche Bondage-Shows gesehen, gute und schlechte, konnte viele verschiedene Rigger beobachten, wovon ein paar in meinen Geschichten gelandet sind und ich stelle jedes Mal wieder fest, dass sie alle ihre persönliche Note haben.

Nein, ich meine damit nicht, dass sie streng riechen! Jeder geht an- ders mit seinem Bunny (die, die sich fesseln lässt) um, bei einigen hatte ich den Eindruck, dass sie sich nicht mal leiden können, bei anderen hat man die Verbundenheit gespürt.

Die Bondage-Welt ist bunt, vielfältig und sehr interessant, genau wie die Welt der Bücher. Es gibt vieles zu entdecken, so kenne ich zum Beispiel jemanden, der lieber mit Polyseilen arbeitet, was ihm oft genug Spott und Kritik eingebracht hat, aber er steht dazu.

Wer jetzt Blut geleckt hat und sich fragt, wo komme ich denn an die Rigger ran, dem kann ich nur raten, schaut euch auf Stammtischen, Messen und bei Bondage-Treffen um. Die Adressen zu solchen Veranstaltungen kann man im Internet finden. Schaut euch die Rigger an, seht euch aber auch ihre „Opfer“ an. Sprecht mit den Leuten, informiert euch und dann wünsche ich euch viel Spaß!

Ilona Noß Ilona Noß schreibt unter dem Pseudonym Lisa Skydla