Atmen und Tee trinken

– Wie man mit einer einfachen Atem-Meditation den Vorweihnachtsstress abbaut –

Die Vorfreude aufs Fest erstickt oft in tagelangem Stress: Geschenke besorgen, Plätzchen backen, Verwandte organisatorisch geschickt platzieren, um einem Drama an Weihnachten vorzubeugen … all das kostet Durchhaltevermögen und Nervenkraft.

Ruhe und Entspannung gibt es da eher selten bis gar nicht. Diese Momente sind aber ganz besonders wichtig für das körperliche und geistige Wohlbefinden. Denn wir wissen es inzwischen alle: Zu viel Stress ist ungesund.

Der Mediziner erklärt es so: Wenn wir gestresst sind, schütten wir vermehrt sogenannte Stresshormone (Cortisol, Adrenalin und Dopamin) aus. Kann unser Körper sie nicht abbauen, beeinträchtigen sie unser gesamtes System. Schwerwiegende Folgen könnten dann sein: chronische Kopfschmerzen, Verdauungsprobleme, Bluthochdruck, Verspannungen, Schlafstörungen, Entzündungen aller Art oder häufige Infekte wie Erkältungen, Bronchitis, Grippe, etc.

Falls du jetzt rufst: „Ich nehme mir doch Zeit für solche ruhigen Momente! Ich lese ein gutes Buch, verbringe einen gemütlichen Fernsehabend oder mache einen Spaziergang in der Natur. Ich koche mir sogar jeden Abend einen schönen Tee.“ Das ist fantastisch, du gönnst mit diesen Dingen deinem Körper und Geist bereits eine kleine Auszeit. Sie lenken von deinen Alltagssorgen ab und schenken dir vielleicht sogar neue Energie. Solche Entspannungsmomente sind zwar wie lebensspendende Oasen, und sind essentiell, um neue Kraft zu tanken und Stress abzubauen (Du erinnerst dich? Die Stresshormone müssen weg!). Tiefergehende Entspannung bringen sie dir jedoch nicht. Wenn du deinem Alltag dauerhaft ruhig und gelassen begegnen willst, kannst du dies nur mit regelmäßigem Training erreichen.

Verschiedene Entspannungstechniken können dir helfen, das Gefühl der Ruhe und Gelassenheit tief in dir zu verankern. So kannst du bestehende Anspannungen abbauen und Herausforderungen entspannter angehen.

Die verschiedenen Entspannungstechniken unterscheiden sich in ihrer Intensität und Durchführung. Am Anfang solltest du am besten das eine oder andere mal selbst ausprobieren. Du kannst so die für dich wirksamste Technik auswählen und in deinen Alltag einbinden. Dabei ist es nicht wichtig, wofür du dich entscheidest. Hauptsache es tut dir gut und es macht dir Freude. Und Hauptsache, du tust es. Ich weiß, auch das ein bereits vielfach gehörter und gelesener Spruch. Aber immer wieder wahr.

Falls du also einige Methoden ausprobieren willst, gibt dir die kleine Atemmeditation , die ich weiter unten beschreibe, eine Starthilfe. Dabei gilt: Nur wenige Minuten am Tag können bereits helfen, entspannter und gesünder durchs Leben zu gehen. Das bringt viele Vorteile mit sich. Du bist standhafter und lässt dich nicht so leicht aus der Bahn werfen. Du hast kreativere Ideen, bist unternehmungslustiger und weniger „schlecht drauf“. Allgemein steigt deine Konzentrationsfähigkeit und du kannst Probleme schneller lösen.

Meditation

Die Praxis des Meditierens ist beispielsweise neben den klassischen Entspannungsphasen ein wichtiger Bestandteil im Yoga. Es werden auch separate Meditationskurse angeboten, ohne Yoga. In meiner Yogapraxis gibt es keine Stunde ohne eine Entspannung. Ist zwar nicht das Gleiche wie Meditieren, aber hat ähnliche Wirkungen. Meine Teilnehmerinnen freuen sich immer, nach einer anregenden Stunde am Schluss in die Rückenlage zu kommen und die geführte Schlussentspannung für einige Minuten zu genießen. Manche schlafen ein, was ich nicht als „blöd“ empfinde, sondern als Zeichen des Vertrauens und der tiefsten Entspannung.

Meditation wurde in den letzten Jahren sehr intensiv wissenschaftlich untersucht und man konnte über Messungen feststellen, dass sich dabei etwas Wesentliches im Gehirn abspielt. Also mit anderen Worten: Meditation wirkt und inzwischen ist sie kein „esoterischer Hokuspokus“ mehr, sondern eine Praxis, die für ihre beruhigende und zentrierende Wirkung bekannt geworden ist. Sie wird von immer mehr Ärzten bei diversen Krankheitsbildern empfohlen und hat längst Einzug in unsere westliche Welt gefunden.

Deine Gedanken kommen bei der Meditation zur Ruhe. Vielleicht nicht gleich zu Beginn, deshalb ist es gut, ein wenig Geduld mitzubringen. Denn beim Meditieren ist die eigentliche Hürde der Anfang. Die richtige Technik eignest du dir während der Durchführung an. Auch wenn du anfangs Probleme hast, deine Gedanken beiseitezuschieben, kannst du dennoch eine entspannende Wirkung feststellen.

Es gibt übrigens viele verschiedene Formen der Meditation, neben der beliebten stillen Meditation. Im Sitzen oder Liegen, im Stehen oder im Gehen. Es gibt tanzende Meditationen, Meditationen, bei denen du singst oder es spielt Musik dabei.

Atemtechniken

Atemtechniken sind ein weiterer zentraler Pfeiler im Yoga. In jeder meiner Yogastunden richten wir uns einige Minuten auf die Atmung aus. Durch verschiedene Techniken können die Teilnehmerinnen den Atem kontrolliert einsetzen und stellen schon sehr bald fest, was das mit einen macht. Die Feueratmung bringt Hitze in den Körper, wärmt von innen. Die kühlende Atmung bringt angenehme Abkühlung und Frische. Und die Wechselatmung reinigt die Nasenlöcher und Nebenhöhlen.

Aber das Wichtigste, was schon die alten Yogis wussten: Kannst du den Atem kontrollieren, kannst du deinen Geist kontrollieren. Sprich, eine ruhige Atmung bewirkt einen ruhigen Geist. Das kennst du auch von dir. Wenn du aufgeregt bist, atmest du schnell und oberflächlich. Wenn du dich in einer stressigen Situation befindest, wird die Atmung flach. Lernst du deine Atmung zu beeinflussen, kannst du auch dein Stresslevel kontrollieren. Atmest du ruhig und tief, entspannst du dich. Deshalb ist eine solche Technik gut geeignet, um sich in akuten Stresssituationen zu beruhigen. Wenn es dir also gelingt, dich zu beruhigen, dann ist das meistens mit dem Atem verbunden. Du atmest ein paar Mal tief ein und aus. Das machst du ganz instinktiv. Der Stress und die Aufregung verschwinden.

Die alten Yogis haben das beobachtet und durch ihre Beobachtungen haben sie im Laufe der Jahrtausende (Ja, Yoga ist schon so alt!) diese Techniken entwickelt, perfektioniert und erprobt. Deshalb wirken die Übungen.

Wenn du regelmäßig praktizierst, verändert sich deine Atemqualität. Auch während der Übung kommst du vom oberflächlichen und unbewussten Alltagsatem in eine bewusste, ruhige, tiefe und gleichmäßige yogische Atmung. Und das ist Gold wert, denn wir atmen ganz oft falsch. Auch dadurch können Krankheiten entstehen. Regelmäßiges Üben kann den Blutdruck senken, Anspannungen lösen, den Kopf klären; neue Ideen kommen und die Konzentrationsfähigkeit steigt. Um nur einige der positiven Wirkungen zu erwähnen.

Wir wollen nun diese beiden Techniken verbinden: Meditation und Atmung. Bereite dich also für deine Atemmeditation vor.

Die Atem-Meditation

Du brauchst nicht viel. Ziehe etwas Bequemes an, suche dir einen stillen Raum, in dem du einige Minuten ungestört sitzen kannst (entweder im Schneidersitz am Boden oder auch auf einem Stuhl) und schließe die Augen.

Prüfe zunächst deinen Sitz. Korrigiere eventuell, wenn sich eine Stelle nicht bequem anfühlt. Du sollst nicht aus der Meditation durch einen Druck oder taube Beine gerissen werden. Finde also den für dich bequemsten Sitz. Richte den Rücken von unten nach oben auf. Halte den Nacken lang, den Hals frei und achte darauf, dass dein Scheitel zur Decke zeigt. Die Schultern sind entspannt, ebenso dein Gesicht.

Lege eine Hand auf deinen Bauch und die andere auf die Brust (Herzraum).Spüre die Wärme deiner Handfläche auf deinem Bauch und lenke den Atem dorthin. Spüre die Wärme deiner Handfläche auf deiner Brust und auch dorthin lenkst du den Atem. Stell dir vor, du atmest in deine Hände. Atme 10-20 Mal so durch die Nase ein und aus.

Bleibe mit deiner Aufmerksamkeit hier und mach dir keine Sorgen, wenn jetzt doch Gedanken kommen, die dich ablenken. Sie werden kommen. Werde dir dessen bewusst und kehre zur Atmung zurück. Atme weiter zu deinen Händen hin. Und so machst du es jedes Mal, wenn du merkst, dass dich Gedanken wegziehen wollen. Lass den Einkaufszettel Einkaufszettel sein, das Putzen darf auch noch warten und das Problem mit deinem zahnenden oder pubertierenden Kind hat auch in zehn Minuten noch Zeit. Komm immer wieder zu deinem Atem zurück. Es ist dein gedanklicher Anker, halte dich daran fest, wenn dein Kopf sich verselbstständigen will.

Merkst du, du musst dich heute ganz besonders zwingen, dich auf die Atmung zu konzentrieren, dann lass die Atmung auch Atmung sein und schau die Gedanken an, die sich dir aufdrängen wollen. Suche nicht nach Lösungen, das kannst du auch später tun. Betrachte das, was du gerade denkst, und nimm dir vor, es mit jeder Ausatmung ein wenig mehr loszulassen.

Sei geduldig mit dir, wenn du es nicht schaffst, gleich am Anfang, die verrückte Affenhorde in deinem Kopf zu bändigen. Probiere es Morgen noch einmal.

Wenn du nach ein paar Minuten immer noch dabei bist, wovon ich ausgehe, dann verweile noch einmal so lange in dieser Vorstellung: Ich atme Ruhe und Kraft ein und lenke sie zu meinen Händen hin. Du kannst dafür ein Bild finden oder einfach diesen Satz in deinen Gedanken wiederholen. Das Wiederholen hilft auch, andere Gedanken fernzuhalten und dich zu konzentrieren.

Mach das, so lange, wie es für dich passt. Das können zwei oder zwanzig Minuten sein. Je länger du dabeibleibst, desto tiefer wirkt diese Meditation. Vielleicht für den Anfang nur ein paar Minuten, denn die Lust, dich auch morgen wieder hinzusetzen, sollst du dir nicht verderben, indem du dich heute zwingst.

Wenn du zum Schluss kommen willst, löse dich sanft von dir. Lege die Hände ab, spüre noch einen Moment die Bereiche, wo du sie liegen hattest, und atme ein-zwei Mal tief ein und aus. Reibe deine Hände aneinander, bis du Wärme spürst und lege sie kuppelförmig über die geschlossenen Augen, spüre dorthin, genieße die Wärme deiner Hände. Öffne dann langsam die Augen, spähe zwischen die Finger in den Raum und lass dann deine Hände sinken.

Und selbstverständlich kannst du jetzt aufstehen und dir einen leckeren Tee zubereiten.

Ruhige und gelassene Weihnachtszeit wünscht euch eure Karla!

Geschrieben von Karla Fabry
Foto: Karla Fabry